Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 4/15 - page 46

Arbeitsrecht
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Fotos: Wolfisch/fotolia, Dessauer/fotolia
Seit 1. Januar 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn. Bei vielen Unternehmen herrscht diesbezüglich immer noch
Unsicherheit. Daran haben auch die zahllosen extra eingerichteten Hotlines kaum etwas geändert. Manche
Streitfälle landen vor den Gerichten. Der WIRTSCHAFTSSPIEGEL THÜRINGEN hat zwei aktuelle Urteile doku-
mentiert.
Aktuelle Urteile
zum Thema Mindestlohn
Kündigung nach
Mindestlohnforderung
Verlangt ein Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindestlohn für sei-
ne Arbeit und erhält er daraufhin die Kündigung, so ist diese un-
wirksam. Das entschied das Arbeitsgericht Berlin in einem aktuel-
len Fall. Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde:
Im Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers war eine wöchentliche Ar-
beitszeit von 14 Stunden vereinbart. Für seine Tätigkeit als Haus-
meister erhielt er monatlich 315 Euro, mithin einen Stundenlohn
von 5,19 Euro. Für die vereinbarte Zeit verlangte der Arbeitnehmer
nun die Zahlung von 8,50 Euro je Stunde. Der Arbeitgeber bot da-
raufhin die Minderung der vereinbarten Stunden auf monatlich 32
verbunden mit einer Vergütung von 325 Euro an. Die geänderten
Bedingungen lehnte der Arbeitnehmer jedoch ab. Daraufhin erhielt
er die Kündigung.
Das Gericht hielt die Kündigung für unwirksam. Sie stelle eine ver-
botene Maßregelung im Sinne des § 612a BGB dar. Demnach darf
ein Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme
nicht benachteiligt werden, weil er in zulässiger Weise seine Rech-
te ausübt. Aber genau das bewirke die vorliegende Kündigung. Zu
Recht habe der Arbeitnehmer seinen Mindestlohnanspruch geltend
gemacht. Die daraufhin ausgesprochene Kündigung sei unwirksam.
Leistungsbonus als
Mindestlohnbestandteil
Seit Januar 2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro je
Stunde. Doch welche Vergütungsbestandteile in die Mindestlohn-
berechnung einfließen dürfen, ist gesetzlich nicht geregelt. Das
Arbeitsgericht Düsseldorf musste nun darüber entscheiden.
Vor der Einführung des Mindestlohns erhielt die Klägerin einen
Bruttostundenlohn in Höhe von 8,10 Euro zuzüglich eines gestaf-
felten Leistungsbonus in Höhe von maximal 1,00 Euro. Diese Re-
gelung sollte auch ab Januar 2015 weiter gelten. Allerdings sollte
die Arbeitnehmerin 0,40 Euro des Bonus pro Stunde in jedem Fall
erhalten. Die Arbeitnehmerin hingegen war der Ansicht, dass der
Leistungsbonus zusätzlich zum gesetzlichen Mindestlohn zu zah-
len sei. Eine Anrechnung des Bonus auf die Grundvergütung sei
nicht möglich.
Dieser Ansicht schloss sich das Gericht nicht an. Unabhängig von
der Bezeichnung komme es auf das Verhältnis zwischen geleiste-
ter Arbeitszeit und gezahltem Lohn an. Ein Leistungsbonus weise
unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung auf und habe damit als
Gegenleistung auch Entgeltcharakter. Bei der Berechnung des
Mindestlohns könne die Bonuszahlung daher mit einbezogen wer-
den. (em/tl)
1...,36,37,38,39,40,41,42,43,44,45 47,48,49,50,51,52
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